Ob Karneval in der Kneipe, am Wochenende in der Diskothek, beim Public Viewing oder gemütlichen WM-Grillabend: Wir möchten in unserer knappen Freizeit ein paar schöne Stunden verbringen. Kommen allerdings K.O.-Tropfen ins Spiel, wird aus Spaß schnell bitterer Ernst.

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Gezielt auf Opfersuche
Wie tief wir ins Glas schauen und was wir darüber hinaus zu uns nehmen, entscheiden wir selbst – zumindest sollte es so sein. Der Meinung ist jedoch nicht jeder. Denn leider gibt es nicht nur freundliche Menschen, sondern auch diejenigen, die gezielt nach Opfern Ausschau halten. Bei Google suchen User monatlich mehr als 6.000 Mal die Themen „K.O-Tropfen kaufen“ und „K.O.-Tropfen bestellen“. Das lässt vermuten, dass wir nicht nur von einer Handvoll potentieller Täter sprechen. Sicher sind viele davon lediglich neugierig oder möchten sich mit der Substanz selbst berauschen. Aber was ist mit dem anderen Teil? Mit denen, die sich über den Bezug dieser Droge informieren, um Frauen gefügig zu machen und ihnen zu schaden?
Trip ins Ungewisse
Grundsätzlich gilt: Je freizügiger das Party-Treiben um uns herum ist, desto geringer ist die Hemmschwelle der Täter, feststehende Grenzen zu überschreiten. Doch auch zu gediegeneren Anlässen, wie etwa beim Grillen mit Freunden oder auf Klassentreffen, kann es zu Übergriffen kommen.
Wer einen K.O.-Tropfen-Trip jemals gegen seinen Willen ertragen musste, hat oft jahrelang mit den Folgen zu kämpfen. Ein Großteil der Betroffenen ist sich in einer Sache einig: Die Ungewissheit darüber, was in der Zeit des Blackouts wirklich mit ihnen geschehen ist, gleicht einem Albtraum. Sie kann schlimmer sein als manche Klarheit. Viele Frauen vermuten nach solch einem Vorfall in jedem lächelnden Mann auf der Straße den möglichen Täter. Sie fühlen sich nirgends und mit niemandem mehr sicher. Das Leben, so wie sie es bis dahin kannten, ist auf unbestimmte Zeit vorbei.
Taschenalarm *, verschiedene Modelle
Tactical Lights *, spezielle Taschenlampen zum Blenden von Angreifern
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Pfefferspray mit Übungskartusche *
K.O.-Tropfen und ihre Wirkung
Knockout-Tropfen sind verbreiteter, als wir denken. Die Tatsache, dass wir sie in den meisten Zusammensetzungen weder sehen noch riechen oder schmecken, machen sie besonders gefährlich. Wie schnell und ausgeprägt die Droge wirkt, hängt unter anderem von unseren körperlichen Voraussetzungen ab. Wann haben wir das letzte Mal etwas gegessen? Haben wir Alkohol getrunken? In welcher Dosierung haben wir die Substanz unwissentlich eingenommen? Die individuelle Reaktion darauf reicht von sexueller Enthemmung bis hin zu tiefer (lebensbedrohlicher) Bewusstlosigkeit.
Direkt nach der Einnahme empfinden wir meist Übelkeit und Schwindel. Ist zusätzlich Alkohol im Spiel, schieben wir es unter Umständen erst einmal darauf. Auch für Außenstehende ist anfangs nicht unbedingt ersichtlich, was gerade vor sich geht. Vielleicht halten sie uns lediglich für etwas beschwipst. Bevor die Tropfen nach circa 10 – 30 Minuten ihre Wirkung entfalten, versuchen die Täter fast immer, uns an einen anderen Ort zu bringen. Weg von möglichen Zeugen, an einen Platz, an dem wir ihnen ausgeliefert sind. Da die Droge uns willenlos und höchst manipulierbar macht, gehen wir wahrscheinlich ohne Rückfragen mit, wenn uns niemand aufhält. An diesen Zeitraum, in dem wir noch voll ansprechbar waren, erinnern wir uns hinterher schon nicht mehr. Ebenso wenig an das, was darauf folgt. Totaler Filmriss, absoluter Blackout. Eine weitere Möglichkeit ist, dass wir das Geschehen bewusst mitbekommen, uns allerdings nicht bewegen oder wehren können. Lähmungserscheinungen – gefangen im eigenen Körper.
Aus dem Schlaf oder der Bewusstlosigkeit erwachen wir häufig erst Stunden später, völlig erschlagen und verkatert. Wahrscheinlich haben wir keine Ahnung, was passiert ist, und vielleicht nicht einmal, wo wir uns befinden und wie wir dorthin gekommen sind.

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K.O.-Tropfen: Inhaltsstoffe
K.O.-Tropfen bestehen aus unterschiedlichen Substanzen und dienen in der Medizin als Narkosemittel und zur Beruhigung. Diese Stoffe existieren in flüssiger Form, aber auch als Pulver oder Tabletten. Wir können zwar nicht in den Supermarkt gehen und „einfach so“ K.O.-Tropfen kaufen, doch ist die Beschaffung der Grundsubstanz für viele Leute (leider) kein Problem. Mit etwas chemischem Hintergrundwissen geht ihnen die Herstellung des Endprodukts ebenfalls recht leicht von der Hand.
Besonders beliebt sind Beruhigungsmittel und Psychopharmaka aus der Gruppe der Benzodiazepine, die es auf Rezept in der Apotheke gibt. Alle darunter fallenden Stoffe sorgen in hoher Dosierung für vorübergehende Bewegungseinschränkungen und Handlungsunfähigkeit. In Kombination mit Alkohol führen sie außerdem zu starken Gedächtnislücken.
Auch Liquid Ecstasy (GBH – Gamma-Hydroxybuttersäure) steht bei Tätern hoch im Kurs. Insbesondere, da es ein körperverwandter Stoff ist, der sich schnell abbaut und damit bereits wenige Stunden nach der Einnahme nicht mehr nachweisbar ist. GBH selbst fällt unter das Betäubungsmittelgesetz und ist für Privatpersonen nicht verkäuflich. Es findet als Narkotikum beispielsweise in Krankenhäusern Verwendung. Die chemische Vorstufe von GBH ist GBL (Gamma-Butyrolacton), das sich im Körper zu GBH verwandelt. GBL ist nicht Bestandteil des Betäubungsmittelgesetzes, da die Industrie es auch als Lösungs- und Reinigungsmittel nutzt. Es kann von jedem erworben werden. GBL dient dementsprechend häufig als Ersatzmittel von GBH, hat allerdings einen penetranten Eigengeschmack.
Drei Tipps für unsere Sicherheit
Wie beugen wir vor, damit es am Morgen nach der Feier kein böses Erwachen gibt? Der erste wichtige Schritt ist bereits mit dem Lesen dieses Artikels getan, denn wir müssen uns des Risikos bewusst sein. In akuten Situationen können uns folgende Verhaltensregeln vor Missbrauch bewahren:
1) Wir lassen unsere Getränke und unser Essen niemals unbeobachtet stehen.
2) Wir nehmen niemals geöffnete Getränke oder Speisen von Unbekannten an – auch auf die Gefahr hin, dass wir etwas paranoid wirken.
3) Sind wir mit Freundinnen unterwegs, achten wir aufeinander. Verhält sich eine von uns anders als sonst, insbesondere ungewöhnlich freizügig oder anhänglich, beobachten wir sie genau. Auf keinen Fall lassen wir sie mit fremden Leuten weggehen.
Gewissheit verschaffen
Mittlerweile können wir unser Getränk vor Ort mit Schnelltests* auf Sicherheit prüfen. Ob wir diese Teststreifen nutzen, muss jeder für sich entscheiden. Der sicherste Weg ist im Zweifel alles wegzuschütten und sich ein Neues zu bestellen.
Es gibt auch einfache Drogentests für zu Hause *, die allerdings keine Anzeige von GHB (Liquid Ecstasy) beinhalten. Mit einem Drogen-Substanztest * kann der GHB-Wert zwar untersucht werden, jedoch nur in der Flüssigkeiten selbst. Er taugt nicht als Nachweis, wenn wir die Tropfen erst einmal intus haben.

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Was tun, wenn’s doch passiert?
Hat es uns doch erwischt und wir kommen wieder zu uns, sind folgende Schritte empfehlenswert:
1) Geht es uns körperlich sehr schlecht, rufen wir den Rettungsdienst 112 oder den Notruf 110 an. Keine falsche Scheu, denn dafür ist er da!
2) Wir rufen eine Vertrauensperson an, egal um welche Uhrzeit. Wir sollten jetzt nicht allein sein!
3) Wenn wir Gewissheit wollen, was mit uns passiert ist, waschen wir uns nicht. Wir gehen umgehend zur Untersuchung in ein Krankenhaus, das für die anonyme Spurensicherung (ASS) ausgerüstet ist. K.O.-Tropfen sind nur innerhalb der ersten 10 – 12 Stunden im Blut und im Urin nachweisbar, danach nur noch über aufwendige Haaranalysen.
Anzeige erstatten … oder lieber nicht?
Es braucht Mut, solche Vorfälle zur Anzeige zu bringen – keine Frage. Die größte Problematik liegt meist nicht einmal im körperlichen, sondern im seelischen Bereich. Viele Frauen stecken in einem Zwiespalt: Einerseits möchten sie den Täter zur Rechenschaft ziehen und Klarheit, andererseits das Erlebte so schnell wie möglich vergessen und abschließen. Beides zusammen geht leider nicht.
Entscheiden wir uns zur Anzeige, haben wir die Chance, dass der Täter gefasst und bestraft wird. Das kann uns bei der Verarbeitung helfen. Außerdem bewahren wir weitere Frauen vielleicht davor, zum nächsten Opfer zu werden. Allerdings müssen wir uns darüber bewusst sein, dass wir mit dem Entschluss zur Anzeige eine Maschinerie in Gang setzen, die viel Durchhaltevermögen und auch Leidensfähigkeit einfordert. Denn bis zum Ziel, der Gerechtigkeit, ist es ein langer Weg.
Da wir kurz nach der Tat zu keiner finalen Entscheidung fähig sind, ist der Weg über die anonyme Spurensicherung (ASS) eine gute Anfangslösung. Es gibt Krankenhäuser in allen größeren Städten, die darauf ausgelegt sind. Dort können wir jederzeit hingehen und uns unerkannt untersuchen lassen. Vorher dürfen wir uns jedoch nicht waschen oder umziehen. Am besten unverändert bleiben und Ersatzsachen mitnehmen. Der Untersuchungsbericht sowie die Kleidung verbleiben im Hospital unter einer Chiffrenummer. Die Daten werden zwei Jahre lang gespeichert, bei Bedarf verlängern wir die Frist. Adressen der Krankenhäuser, die diese Art der Spurensicherung durchführen, finden wir auf der Website frauenrechte.de.
Die anonyme Untersuchung verschafft uns Zeit, darüber nachzudenken, wie es weitergehen soll. Hilfreich ist darüber hinaus der Kontakt mit einer auf solche Fälle spezialisierten Beratungsstelle. Zum Beispiel dem Weissen Ring e. V., der Opfer von Straftaten berät und unterstützt. Unter der Hotline 116 006 sind die Mitarbeiter bundesweit und kostenfrei erreichbar.
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ÜBER DIE AUTORIN
Tara Riedman ist Online-Redakteurin, Texterin und Autorin im Unterhaltungs-/Sachbuchbereich. Darüber hinaus leitet sie als freiberufliche Trainerin Selbstschutzkurse für Frauen sowie die von ihr ins Leben gerufenen sicowu-Kurse (sicowu – sicher, cool & selbstbewusst) für Kinder und Jugendliche.
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