Der Umgang mit Kettenbriefen ist für viele Kinder und Jugendliche wie auch für Erwachsene eine Herausforderung. Da der Inhalt uns häufig mit Drohungen und Strafen, aber auch mit Belohnungssystemen konfrontiert, können unsere Emotionen schnell die Kontrolle übernehmen. Vor allen Dingen, wenn solche Anfragen von guten Freunden kommen – die wir nicht verärgern möchten.
Kettenbriefe auf WhatsApp & Co verbreiten Angst und üben insbesondere auf Kinder und Jugendliche Druck aus. Foto: Anastasia Gepp / pixabay
Wie funktionieren Kettenbriefe?
Kettenbriefe erreichen uns und unsere Kinder meist über Messenger-Dienste wie Whatsapp, aber auch über gängige Social-Media-Kanäle wie Facebook, Twitter oder Instagram. Der Versand per E-Mail ist zwar seltener, kommt jedoch auch vor. Inhalt dieser Nachrichten ist immer die Aufforderung, den Text an mehrere Personen aus unserem Adressbuch weiterzuleiten. Dabei geht es meistens um die Themen Glück, Geld, Politik, Häme oder Mitleid.
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Kettenbriefe die Angst machen
Wenn Kettenbriefe Drohungen beinhalten, sind insbesondere Kinder oft verängstigt und wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen. Denn konkrete Beschreibungen von Horrorszenarien, die eintreten sollen, falls sie die Forderungen des Absenders nicht erfüllen und die Kettenbriefe ignorieren, sind keine Seltenheit. Mit verstörenden Anhängen in Form von Filmen, Fotos oder Sprachnachrichten müssen sie ebenfalls rechnen. Gerne werden dagegen Belohnungen in Aussicht gestellt, wenn sie den Kettenbrief wie gewünscht an andere weiterleiten – von diesen Geschenken sehen sie am Ende natürlich nichts.
Unerfahrene Kinder und Jugendliche nehmen Nachrichten in Kettenbriefen oft für bare Münze. Foto: Jan-Vašek / pixabay
Sinn von Kettenbriefen
Was bringen Kettenbriefe überhaupt? Die ursprünglichen Verfasser verfolgen unterschiedliche Ziele wie beispielsweise:
Betrugsversuche
Aufforderungen Geld oder Geschenke zu verschicken wirken plump und leicht durchschaubar – trotzdem funktionieren sie bei dem ein oder anderen, wenn die Verlockung groß genug ist. Ein Beispiel: Wir sollen an die erste Person auf einer Liste einen bestimmten Geldbetrag senden. Diese dann streichen, unseren eigenen Namen (mit Paypal-Adresse) ans Ende der Liste setzen und sie anschließend an zehn weitere Personen verschicken. So wird die Hoffnung geweckt, dass wir im Laufe der Zeit auf der Liste weiter hochrutschen und bald von zehn verschiedenen Leuten jeweils den gleichen Geldbetrag auf unser Konto bekommen, obwohl wir selbst nur ein Mal bezahlt haben.
Links für Upgrades oder Premium-Versionen können uns per Kettenbrief ebenfalls über den virtuellen Weg laufen. Diese Angebote klingen auf den ersten Blick attraktiv, dahinter stecken allerdings meist Abo-Abzock-Fallen.
Belästigung, Stalking
Kettenbriefe können Hilferufe beinhalten. Der Text appelliert an unser Mitgefühl und fordert uns auf, die Nachricht erst weiterzuleiten und dann eine bestimmte Telefonnummer anzurufen. Der Besitzer der entsprechenden Nummer wird daraufhin mit zahlreichen Anrufen geflutet, vor denen er sich kaum retten kann. Gegebenenfalls tritt der Verursacher später bei der Zielperson als „Retter“ auf (Stalking).
Auch ist es möglich, dass die Urheber einfach nur Unruhe stiften wollen. Denn viele Freunde, die diese Nachrichten von uns erhalten, sind davon schwer genervt – das kann zu Unstimmigkeiten und Streit führen.
Mobbing
In den Bereich Cyber-Mobbing fällt die Bloßstellung, Beleidigung oder Verleumdung bestimmter Personen. Verbreitet sich dies im Schnellballsystem der Kettenbriefe, hat dies für die Opfer oft massive Rufschädigungen zur Folge, die psychisch sehr belastend sein können.
Schleichwerbung
Versteckte Werbung ist nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen. Vielleicht möchte der Initiator eines Kettenbriefs für ein Produkt werben oder auf eine Website verweisen und „versteckt“ dies mehr oder weniger geschickt im Text, in der Hoffnung, dass einige Menschen der Aufforderung folgen.
Die Sammlung von E-Mail-Adressen (Spam, Pishing) oder Telefonnummern
Angehängte Listen, die um E-Mail-Adressen oder Mobilnummern vor der Weiterleitung ergänzt werden müssen, um am Ende die versprochene „Belohnung“ zu erhalten, zielen nur darauf ab, Daten zu sammeln und diese weiterzuverkaufen.
Auch junge Erwachsene sind sich der Hintergründe von Kettenbriefen oft nicht bewusst und verteilen sie unbedarft an all ihre Freunde weiter. Foto: Jan-Vašek / pixabay
Kettenbriefe mit Fragen und Aufgaben
Enthalten Kettenbriefe Herausforderungen (Challenges) oder Aufgaben und Fragen, die wir an den Absender zurückschicken und zusätzlich an unsere Freunde weiterleiten sollen, ist die nächste Stufe erreicht. Denn hier wird enormer Druck aufgebaut. Erhalten Kinder und Jugendliche solche Anfragen von ihren Freunden, wollen sie diese nicht enttäuschen – selbst wenn sie dabei ein schlechtes Bauchgefühl haben. Da ist einerseits der Gruppenzwang („Ich möchte ja keine Spaßbremse sein“) und andererseits die Sorge, dem anderen vor den Kopf zu stoßen („Was denkt er/sie von mir, wenn ich mich einfach nicht melde?“). Sie trauen sich nicht, abzulehnen, und lassen sich häufig trotz Magengrummeln darauf ein. Freundlich aber bestimmt Nein zu sagen, fällt vielen Menschen sehr schwer.
WARNUNG! Weiterlesen oder du stirbst! So oder so ähnlich können die ersten Worte einer Textnachricht lauten. Unerfahrene (vor allem jüngere) User geraten dabei schnell aus dem psychischen Gleichgewicht. Foto: saferinternetat / pixabay
Drei Möglichkeiten für den Umgang mit Kettenbriefen
1. Mitmachen
Wenn wir wirklich Lust auf eine Herausforderung im Kettenbrief eines Freundes haben (wirklich nur dann!) und diese keine Gefahr für uns selbst oder andere darstellt , können wir sie natürlich annehmen. Das geht auch einfach so, ohne den Text anschließend zu kopieren und an andere Leute weiterzuleiten.
2. Ignorieren
Gehen uns die Text-/Bild- oder Videonachrichten auf die Nerven, können wir sie einfach löschen, ohne darauf zu reagieren. Merkt keiner und ganz ehrlich … interessiert meist auch niemanden. Zudem verschonen wir unsere Freunde vor überflüssigem Spam.
3. Feedback geben
Ich persönlich bin eine Freundin offener Worte. Erhalten wir von bestimmten Personen häufiger Kettenbriefe, sollten wir das thematisieren, bevor wir unterschwellig Groll gegen diejenigen hegen, ohne dass sie sich darüber bewusst sind. So etwas kann Beziehungen schleichend vergiften, was unnötig und vermeidbar ist. Das funktioniert am besten, indem wir höflich antworten, dass wir grundsätzlich nicht an Kettenbriefen teilnehmen. Hierfür müssen wir uns weder entschuldigen noch erklären. Doch nimmt es dem Feedback die Schärfe, wenn wir direkt im gleichen Chat freundlich auf ein anderes Thema umschwenken. Wir könnten fragen, wie es dem andere so geht oder ob er/sie nicht mal wieder Zeit für ein Treffen hat (natürlich nur, wenn wir das wirklich möchten). So entwerten wir die Bedeutung des Kettenbriefs und geben dem anderen gleichzeitig das Gefühl, dass wir es nicht böse meinen und die Sache quasi schon wieder vergessen haben.
Sind Kettenbriefe verboten? Tatsächlich sind derartige Schneeballsysteme gesetzlich problematisch, insbesondere wenn es um Geld oder Schenkungen geht. Als Rechtsgrundlage kommen hierfür unter anderem § 185 StGB (Beleidigung), § 186 StGB (üble Nachreden), § 187 StGB (Verleumdungen), § 263 StGB (Betrug), § 826 BGB (sittenwidrige vorsätzliche Schädigung), § 6 und 7 UWG (unlauterer Wettbewerb) in Frage.
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ÜBER DIE AUTORIN
Tara Riedman ist Online-Redakteurin, Texterin und Autorin im Unterhaltungs-/Sachbuchbereich. Darüber hinaus leitet sie als freiberufliche Trainerin Selbstschutzkurse für Frauen sowie die von ihr ins Leben gerufenen sicowu-Kurse (sicowu – sicher, cool & selbstbewusst) für Kinder und Jugendliche.
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